Judikat BFG: Arzt und freier Dienstvertrag

Sachverhalt:
Bereits mit der Entscheidung BFG RV/2100115/2014 vom 19.11.2015 wurde festgestellt, dass ein Vertretungsarzt nicht als steuerlicher Dienstnehmer anzusehen ist und zwar weil dieser die Tätigkeit eigenverantwortlich ausübt und auch zur Haftung herangezogen werden. Auch kann die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus lt. BFG nicht vorliegen, wenn der zu vertretende Arzt in der Ordination nicht anwesend ist und die Ordination und die dazugehörigen Betriebsmittel nur zur Verfügung gestellt werden. Die in der Ordination anwesende Vertretungsärztin wird eigenverantwortlich tätig und es ist wohl auch für den Patienten nicht zu übersehen, dass diese nicht vom Praxisinhaber behandelt werden. In diesem Fall wurde eine Amtsrevision beim VwGH erhoben.

Das BFG hat sich mit der Entscheidung GZ RV/1100474/2013 vom 14.9.2016 neuerlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Arzt als steuerlicher Dienstnehmer anzusehen ist.

Die Beschwerdeführerin betreibt eine Dialysestation (Durchführung von Dialysen und anderen extrakorporalen Blutreinigungsverfahren) in der Rechtsform einer GmbH. In dieser sind Ärzte für Visiten zuständig. Lt. FA Bregenz liegt eine Integration in den Organismus der Gesellschaft vor, es besteht kein Unternehmerwagnis und die Ärzte sind nicht völlig weisungsfrei gestellt. Lt. Finanz verkörpern diese einen Teil des Stationspersonals – man wirbt mit den Fotos des Ärzteteams auf der Homepage. Auch gibt es eine persönliche Arbeitspflicht, da eine generelle Vertretungsmöglichkeit nicht vorliegt – es gibt nur eine Vertretung im Team. Weiters verfügt der Arzt über keine Betriebsmittel. Der Beschwerdeführer führte an, dass die Ärzte sich die Termine selbst aussuchen konnten. Die Ärzte hatten keinen Arbeitsplatz vor Ort. Die Tätigkeit konnte von zu Hause bzw. von jedem beliebigen Ort mit Online-Zugang aus ausgeübt werden. Auch die zeitliche Lagerung sowie die Dauer der Tätigkeit lagen im Ermessen der ärztlichen Leiter.

Strittig war: Standen die Ärzte Prim. Dr. FE als ärztlicher Leiter und OA Dr. HG als 2. stellvertretender ärztlicher Leiter im Streitzeitraum in einem Dienstverhältnis zur Dialysestation A GmbH und lösten damit deren Verpflichtung als Dienstgeberin zur Entrichtung von Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag aus?

Aussagen des BFG:
Vorausgeschickt wird: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den drei Erkenntnissen 30.7.2015, I404 2004255-1/11E, 31.7.2015, I404 2004255-2/9E und 3.8.2015, I404 2004255-3/12E im Hinblick auf drei Ärzte, die als ärztliche Leiter bzw. stellvertretender ärztlicher Leiter in einer Vorarlberger Dialysestation GmbH tätig waren, festgestellt, dass die betreffenden Ärzte nicht der Versicherungspflicht gemäß § 4 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AIVG unterlägen. Die erkennende Richterin vertrat in den oben zitierten Erkenntnissen zudem die Auffassung, dass auch eine Lohnsteuerpflicht zu verneinen sei.

Lt. BFG liegt kein Werkvertrag sondern ein Dauerschuldverhältnis vor. Aufgrund der nicht generell bestehenden Vertretungsrechts und Aufgaben, wie etwa Visiten, die nicht jederzeit sanktionslos abgesagt hätten werden könne, seit auch die persönliche Arbeitspflicht zu bejahen gewesen. Die Zeiteinteilung war jedoch relativ frei.

Was den Arbeitsort betreffe, sei dieser in Bezug auf die Visiten, bedingt durch die Natur der Sache, in der Krankenanstalt angesiedelt gewesen. Für die Erfüllung der anderen Aufgaben, wie Erstellung von Behandlungspfaden, Stellungnahme zur Anschaffung medizinischer Geräte oder zur Einstellung medizinischen Personals, Hilfestellung für die angestellten Ärzte in Notfällen, hätten die in Diskussion stehenden Ärzte freie Hand hinsichtlich der örtlichen Lagerung gehabt.

Vorgaben betreffend ein arbeitsbezogenes Verhalten habe es nicht gegeben, die Ärzte hätten etwa keine Arbeitskleidung tragen müssen, ihre Anwesenheiten in der Station wurden nicht erfasst, sie mussten nicht an den regelmäßig stattfindenden Teambesprechungen teilnehmen.

Es seien den in Diskussion stehenden Ärzten insgesamt keine konkreten Weisungen erteilt worden und hätten keine Kontrollrechte von Arbeitgeberseite bestanden. Eine Einbindung in die betriebliche Organisation sei nicht vorgelegen. Die Merkmale persönlicher Unabhängigkeit hätten überwogen.

Nach Abwägung der Sach- und Rechtslage und Auswertung der persönlichen, glaubwürdigen Aussagen der beiden im Mittelpunkt der Erörterung stehenden Ärzte zeigt sich aber im Gesamtbild, dass die Merkmale der Selbständigkeit jene der Unselbständigkeit überwiegen und die Ärzte weder in den geschäftlichen Organismus der Arbeitgeberin eingebunden waren, noch deren Weisungen zu folgen verpflichtet waren, wie es § 47 Abs. 2 EStG 1988 für die Annahme eines Dienstverhältnisses voraussetzt.

(§ 47 Abs 1 EStG – BFG RV/1100474/2013, 14.09.2016)

Kommentare (0)