Anspruch auf Zinsen bei zu Unrecht entrichteter Beiträge (VwGH Ra 2016/08/0017, 6.7.2016)
Sachverhalt:
Im Rahmen einer GPLA wurde festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei zu Unrecht Sonderklassegelder in der Höhe von € 577.459,55 nach dem ASVG abgerechnet hat. Dem Antrag auf Rückerstattung der Beiträge wurde entsprochen und die Beiträge zurückgezahlt. Die beschwerdeführende Partei hat auch einen Antrag auf Zahlung von „Vergütungszinsen“ gestellt. Da die Beiträge von der GKK weder vorgeschrieben noch veranlasst wurden, stehen lt. GKK auch keine Vergütungszinsen zu. Gegen die Nichtzahlung von „Vergütungszinsen“ wurde Beschwerde erhoben. Das BVwG bestätigte die Meinung der GKK und wies die Beschwerde als unbegründet ab. Gegen das Erkenntnis des BVwG richtete sich die Revision an den VwGH.
Aussagen des VwGH:
§ 69 Abs. 1 ASVG ordnet an, dass zu Ungebühr entrichtete Beiträge zurückgefordert werden können. Im Fall der Verpflichtung zur Rückleistung zu Unrecht vereinnahmter Beiträge seien für die wegen mangelnden Rechtsgrundes zurückzuerstattenden Geldsummen Vergütungszinsen in Höhe der gesetzlichen Zinsen zu leisten. Die Höhe des Zinssatzes betrage vier von Hundert (§ 1000 ABGB).
Im vorliegenden Fall wurden die Beiträge im Selbstabrechnungsverfahren (Lohnsummenverfahren iSd § 58 Abs. 4 ASVG) entrichtet. Die revisionswerbende Partei meint, dass § 69 Abs. 1 ASVG auch im Hinblick auf diese Fallkonstellation eine Lücke aufweise, die durch die genannte Analogie zu schließen sei, sofern kein Missbrauchsfall vorliege. Der Anspruch auf Vergütungszinsen würde nur dann nicht bestehen, wenn die nicht geschuldeten Beiträge im Wissen um die Ungebührlichkeit ihrer Entrichtung bezahlt worden seien.
Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Die Annahme einer Gesetzeslücke in § 69 Abs. 1 ASVG ist im Sinn der genannten Erkenntnisse dort geboten, wo die Bestimmung der zu bezahlenden Beiträge vom Versicherungsträger (sei es durch Beitragsbescheid, sei es durch Beitragsnachrechnung) vorgenommen wurde. Nur in diesen Fällen ist von Anfang an eine das Vorliegen einer Gesetzeslücke nahe legende Schutzwürdigkeit des Beitragsschuldners anzunehmen.
Eine solche Schutzwürdigkeit besteht aber nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall (Zeitraum vom 1. März 2005 bis 31. Dezember 2009) - die Entscheidung über die zu entrichtenden Beiträge iSd § 58 Abs. 4 iVm § 34 Abs. 2 ASVG in der Sphäre des diesbezüglich zur Sorgfalt verpflichteten Beitragsschuldners gefällt worden ist. Der Versicherungsträger hat in der Regel keine Möglichkeit, zeitnah zu beurteilen, ob die Beitragsabfuhr durch den Verpflichteten den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Es erschiene nicht sachgerecht, den Versicherungsträger, der die Zahlung der Beiträge in unrichtiger Höhe nicht veranlasst hat und die er auch nicht verhindern konnte, nicht nur mit den Aufwendungen für die Rückzahlung, sondern auch mit der Zahlung von Vergütungszinsen zu belasten. Eine durch Analogie zu schließende Lücke des § 69 ASVG liegt nicht vor.
Die Revision war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Praxistipp:Werden Beiträge im Rahmen der Selbstbemessung an die GKK abgeführt und stellt sich später heraus, dass diese unrichtig berechnet worden sind oder keine Abfuhr notwendig gewesen wäre, so stehen bei Rückzahlung keine Guthabenzinsen zu. Werden jedoch Beiträge im Rahmen einer GPLA von der GKK „nachverrechnet“, die vom Dienstgeber bezahlt und im Rahmen des Verfahrens für „ungebührlich“ angesehen werden, so kann der Dienstgeber Guthabenzinsen in der Höhe von 4% verlangen.
(§ 1000 ABGB – VwGH Ra 2016/08/0017, 6.7.2016)
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