Aufstellen von Zeitungsständern als echtes Dienstverhältnis

Die Entscheidung des VwGH 2013/08/0258, 24.04.2014, hat in den letzten Wochen für ziemlich viel Aufsehen bei den Zeitungsständeraufstellern gesorgt. Nachstehend finden Sie den Sachverhalt und die Aussagen des VwGH.

Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer hat Personen mit dem Aufstellen und Einsammeln von Zeitungsständen (Selbstbedienungstaschen) beauftragt. Die Zusteller haben sog. „GSVG-Verträge“ unterfertigt. Die Zusteller haben ein eigenes Fahrzeug verwendet. Eine Vertretung fand nicht statt, wäre aber auf eigene Kosten möglich gewesen. Die Abrechnung erfolgt monatlich durch den Beschwerdeführer. Die Zusteller mussten die Taschen abholen und den vorgegebenen Standplätzen montieren (bis spätestens 7.00 Uhr an Sonn- und Feiertragen). In der Folge haben die Zusteller die Zeitungen abgeholt und in die Taschen gemäß den übergebenen Listen befüllt. Am Abend mussten die Zusteller die Taschen und die nicht verkauften Zeitungen wieder einsammeln und dem Beschwerdeführer zurückbringen (frühestens ab 16.00 Uhr). Von Seiten der GKK wurde vorgebracht, dass es sich um ein echtes Dienstverhältnis handle.

Aussagen des VwGH:
Es liegt keine selbständige Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertragsverhältnisses vor. Schon nach dem Beschwerdevorbringen bezieht sich die Vereinbarung nicht auf die entgeltliche Herstellung eines Werkes als in sich geschlossene Einheit einer individualisierten, konkretisierten und gewährleistungstauglichen Leistung. Es handelt sich vielmehr um laufend zu erbringende, niedrig qualifizierte (Dienst)leistungen eines Erwerbstätigen, der - mag er sich für seine Arbeit auch eines eigenen Betriebsmittels (KFZ) bedienen - über keine unternehmerische Organisation verfügt und letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponiert.

Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen. Eine Vertretung fand nicht statt!

Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein.

Ungeachtet der außerhalb des Betriebsstandortes (disloziert) erbrachten Tätigkeiten liegt damit eine für eine Einbindung in die betriebliche Organisation des Dienstgebers und die Substitution von persönliche Weisungen und Kontrollen durch "stille Autorität" charakteristische Eingliederung der Arbeitskraft in eine vom Dienstgeber bestimmte Ablauforganisation vor. Daran ändern die vom Beschwerdeführer aufgezeigten, eingeräumten Entscheidungsspielräume in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsort und Reihenfolge der Arbeiten nichts, weil diese Freiräume nur innerhalb des genannten, vom Dienstgeber vorgegebenen Rahmens betrieblicher Erfordernisse bestanden haben, sodass sich die Arbeitserbringung letztlich doch im Kern an den Bedürfnissen des Dienstgebers zu orientieren hatte.

Der Zusteller hat zudem eine niedrig qualifizierte Tätigkeit ausgeübt, die insgesamt keine außergewöhnlichen (unternehmerähnlichen) Dispositionsmöglichkeiten erkennen lässt, die es rechtfertigen könnten, den in die betriebliche Organisation seines Arbeitgebers Eingebundenen dennoch als persönlich unabhängigen freien Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG anzusehen. Auf eine ausdrückliche Erteilung persönlicher Weisungen an ihn kommt es unter diesem Umständen ("stille Autorität" des Arbeitgebers bei Einbindung in die betriebliche Organisation) nicht an.

Der Umstand, dass notwendige Betriebsmittel vom Beschäftigten zur Verfügung gestellt worden sind, kann im Rahmen der nach § 4 Abs. 2 ASVG gebotenen Gesamtabwägung nicht ein Überwiegen der Merkmale der persönlichen Unabhängigkeit bewirken, zumal bei einem Betriebsmittel, welches seiner Art nach nicht von vornherein in erster Linie zu einer betrieblichen Verwendung bestimmt ist (hier: das KFZ des Beschäftigten), dem Umstand allein, dass der Dienstgeber die Verwendung verlangt, keine ausschlaggebende Bedeutung für das Vorliegen der persönlichen Unabhängigkeit zukommen kann. Darauf, dass der Beschäftigte dieses Betriebsmittel eigens angeschafft und die Aufwendungen dafür steuerlich geltend gemacht habe, kommt es nicht an (vgl. hingegen zur Frage des Vorliegens wesentlicher eigener Betriebsmittel in Fällen von Tätigkeiten in persönlicher Unabhängigkeit im Hinblick auf § 4 Abs. 4 ASVG das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2013, Zl. 2013/08/0030, mwN).

Lt. VwGH liegt eine echte Dienstnehmereigenschaft vor.

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