Steuerberaterin ist keine sv-liche Dienstnehmerin

Der VwGH hat sich in der Entscheidung 2012/08/0233 vom 26.05.2014 mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Steuerberaterin als echte Dienstnehmerin anzusehen ist. 

Sachverhalt:

Eine Steuerberaterin war in der Zeit 1998 bis 2006 im Rahmen eines Werkvertrages für den Beschwerdeführer (Steuerberater) für die Ausübung berufseinschlägiger Arbeiten, im Besonderen die Erstellung von Jahresabschlüssen, Steuererklärungen sowie die Beratung von Klienten tätig. Die Steuerberaterin war hinsichtlich der Zeiteinteilung an keine Arbeitszeiten gebunden, jedoch wurden für die einzelnen Leistungen Fertigstellungstermine und Rahmenzeiten vereinbart. Sie war in die betriebliche Organisation des Auftraggebers nicht eingegliedert, es war ihr jedoch gestattet, die Räumlichkeiten des Auftraggebers zu benutzen, sofern dies mit den betrieblichen Abläufen des Auftraggebers vereinbar war. Ein Weisungsrecht hinsichtlich der Gestaltung des Arbeitsablaufes bestand nicht. Als Honorar wurde ein Stundensatz von € 50,-- zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer vereinbart. Die Abrechnung erfolgt monatlich. Die Steuerberaterin hat das WT-Programm des Auftraggebers benutzt. Sie hat Briefpapier der Kanzlei benutzt und auch eine eigene Emailadresse erhalten. Auch bekam sie Visitenkarten mit dem Logo und Aufdruck der Kanzlei des Beschwerdeführers kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Steuerberaterin verfügt über keine eigene Berufshaftpflichtversicherung, verfügte aber über einige Anlagegüter wie Bildschirm, Scanner, Aktenschrank, Faxgerät und PC mit einem gesamten Anschaffungswert von knapp über € 1.000,--. 

Das Finanzamt Graz-Stadt hat im Rahmen einer GPLA ein lohnsteuerpflichtiges Dienstverhältnis unterstellt. Gegen diese Einstufung wurde Berufung erhoben und durch das Finanzamt mittels einer Berufungsvorentscheidung auch stattgegeben. Auch gegen die sv-liche Einstufung als echter Dienstnehmer wurde Einspruch erhoben und von Seiten des Landeshauptmannes ebenfalls stattgegeben. Jedoch hat das Sozialministerium den Bescheid der GKK bestätigt. Aufgrund der Bestätigung des Bescheides wurde von Seiten des Steuerberaters ein Beschwerde beim VwGH eingereicht.


Aussagen des VwGH 
Grundvoraussetzung für die Annahme der persönlichen Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt diese, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs 1 Z 1 ASVG schon deshalb nicht vor.

Lt. Ansicht des VwGHs fehlt eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung eines Vertretungsrechts. Dass die Vertretung berufsrechtlich zulässig wäre, schließt die persönliche Arbeitspflicht noch nicht aus. Ein sanktionsloses Ablehnungsrecht ist lt. den Aussagen des VwGH weder vereinbart noch jemals ausgeübt worden. Auch die Beschwerde beruft sich in diesem Zusammenhang lediglich darauf, dass gegenüber Klienten ein generelles Ablehnungsrecht, in manchen Fällen sogar eine Ablehnungspflicht bestünde. 

Lt. Ansicht des VwGHs ist das vorliegende Vertragsverhältnis nicht als Werkvertrag anzusehen. Es handelt sich um laufend zu erbringende, qualifizierte Dienstleistungen (keine individualisierte, konkretisierte und gewährleistungstaugliche Leistung). Dies zeigt sich neben der kontinuierlichen Leistungserbringung, die auf ein Dauerschuldverhältnis hindeutet. Auch deutet die Entlohnung in Formen von Stunden auf ein Dauerschuldverhältnis hin. 

Nach der Bejahung der persönlichen Arbeitspflicht ist lt. VwGH zu klären, ob bei der Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG gegeben ist. Unterscheidungsfähige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie sich darauf beziehende Weisungs- und Kontrollbefugnisse. Wie bereits im Sachverhalt dargestellt, geht lt. VwGH hinreichend deutlich hervor, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der Steuerberaterin ein freies Dienstverhältnis vereinbart werden sollte. Von der GKK wurde bezüglich der Weisungsbindung nur vorgebracht, dass die Steuerberaterin ein WT-Programm, eine Emailadresse und das Kanzleipapier der Auftraggebers nutzt. Lt. Auskunft der Steuerberaterin (dies wurde auch von der GKK angeführt) habe diese ihre Arbeiten von ihrem Büro aus verrichtet. Die konkreten Arbeitszeiten habe sie im Wesentlichen selbst bestimmen können. Für die Urlaubszeiten habe sie über die interne e-mail-Adresse eine Abwesenheitsnotiz eingegeben. Aus diesen Punkten sind keine Umstände ableitbar, die in rechtlicher Hinsicht dazu führen könnten, die persönliche Abhängigkeit zu bejahen. 

Der VwGH vertritt die Ansicht, dass kein Überwiegen der Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit vorliegt. Da keine Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer gemäß § 4 Abs 4 ASVG entstehen kann, wird die Steuerberaterin bei Überschreiten der Versicherungsgrenze als neue Selbständige anzusehen sein.

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